Verband Deutscher Ubootfahrer e.V.
43. Internationales Ubootfahrertreffen
43. Internationales Ubootfahrertreffen
vom 22. bis 25. Mai 2006 in Moskau, Russland
Ein Bericht wurde Kapitän zur See a.D. Rupert Bischoff
VORGESCHICHTE
Schon beim letztjährigen Treffen in Mar Del Plata stritten die 2 russischen Delegationen heftig um den Austragungsort des Treffens im Jahre 2006. Ihr J Vorschlag, das Treffen in zwei Teilen - 3 Tage in Moskau und dann 3 Tage in Sankt Petersburg - durchzuführen, wurde von den Delegationsleitern der teilnehmenden Verbände abgelehnt. Nur nach massivem Druck entschied sich der dienstälteste russische Admiral dann für Moskau.
Unser Erstaunen war groß, als schon mit der ersten Ausschreibung des Treffens in der Metropole Russlands für die „inoffizielle" Fortsetzung des Treffens in St. Petersburg geworben wurde. Da ich in Mar Del Plata mit Nachdruck gegen das zweiteilige Treffen eingetreten war - zu großer finanzieller Aufwand und zu hohe körperliche Belastung für die in der Mehrzahl älteren Teilnehmer waren meine Gründe - war es für mich selbstverständlich , dass ich mich konsequenterweise nur für das Treffen in Moskau anmeldete.
REISEVORBEREITUNGEN
Sehr bald nach der Ausschreibung meldeten wir uns an, um ausreichend Zeit zur Beschaffung der Visa zu haben. Die frühe Buchung der Flüge ab Berlin bescherte uns preisgünstige Tickets. Nach Eingang der offiziellen Einladung beauftragten wir das Reisebüro mit der Beschaffung der Visa. Es dauerte und dauerte! Mehrfach wurden weitere Reiseunterlagen und Daten gefordert, bis uns etwa 2 Monate vor Antritt der Reise die endgültige Verweigerung der Visa mitgeteilt wurde. Inzwischen hatten wir aus diversen Telefonaten mit deutschen Kameraden festgestellt, dass sie die gleichen Probleme hatten wie wir.
Nach langen Recherchen fand meine Frau die Lösung des Problems im Internet. Da der russische Verband das Treffen als Kongress bezeichnet hatte, benötigte man ein Kongressvisum, das nur vom russischen Außenministerium genehmigt werden kann; und doppelt so teuer ist wie ein Touristenvisum. Einige der deutschen Interessenten hatten inzwischen wegen der Visaproblematik ihre Anmeldung rückgängig gemacht.
Unser neuer Versuch über das russische Außenministerium war dann erfolgreich; etwa eine Woche vor Antritt der Reise gingen die Visa per Eilkurier ein.
ANREISE
Am 21.05. fuhren wir mit der Bahn nach Berlin, wo uns der Vizepräsident des VDU, Horst Böttcher am Bahnhof in Empfang nahm. Zusammen mit Horst und Uschi verlebten wir einen schönen Abend - es gibt ja immer so viel Neues und auch Altes zu berichten - ehe wir uns in Horsts neuer Wohnung in Tegel in die Koje legten. Am nächsten Morgen lieferten uns Uschi und Horst pünktlich am Flughafen Tegel ab.
Vier Stunden nach dem Einchecken landeten wir in Moskau; der von uns vorher angemeldete Transport zum Tagungshotel klappte reibungslos.
ABLAUF DES 43. INTERNATIONALEN UBOOTFAHRERTREFFENS 22. MAI 2006
22. MAI 2006
Beim Einchecken im Hotel - ein riesiger Komplex, der vor über 20 Jahren für die Olympiateilnehmer errichtet worden war - war Geduld gefordert. Die sprachlichen Barrieren schienen schier unüberwindbar.
Noch mehr Geduld war aber beim Empfang der "Kongressunterlagen" nötig. Vor die langen Schlangen der ausländischen Gäste traten immer wieder russische Offiziere in Uniform, die selbstverständlich sofort bedient wurden. (Ich erlaube mir hier die Bemerkung, dass ich stolz darauf bin, dass ein solches Verhalten in Deutschland undenkbar wäre.)
Nach gut vier Stunden hatten wir die Prozedur endlich überstanden und konnten uns im Hotelzimmer für die Begrüßung frisch machen.
Die Eröffnung des Treffens fand im Hotel statt. Die Begrüßungsworte des Präsidenten des russischen Ubootfahrer Verbandes, Admiral Chernavin wurden ins Englische übersetzt. Er hieß die ausländischen Verbände namentlich willkommen und betonte anschließend die 100-jährige Tradition der russischen Ubootwaffe und die herausragende Technik der Boote sowie die großen Leistungen der russischen Ubootfahrer. Nach einem üppigen Essen und viel Wodka fielen wir gegen Mitternacht todmüde in die Betten.
23. MAI 2006
Tagsüber stand eine Stadtrundfahrt, der Besuch des Kremls und des Roten Platzes sowie der Besuch der "Christus der Erlöser Kathedrale" auf dem Programm.
Mit einer Polizeieskorte wurden die Teilnehmer in fünf Bussen über sechsspurige Straßen in die Innenstadt gefahren; dabei wurde wegen des ständigen Verkehrschaos gelegentlich auch die Spur der Straßenbahn oder die Gegenfahrbahn in Anspruch genommen.
Man stellt sich automatisch die Frage, ob unser Besuch wirklich so wichtig ist, dass der ohnehin schon kollabierende Verkehr in der 13-Millionen Metropole unseretwegen völlig zum Erliegen gebracht wird.
Nach einem kurzen Rundgang über den Roten Platz warteten wir dann gut eine Stunde in dem nahen Park, ehe wir in Gruppen zu 20 Personen durch den Kreml geführt wurden.
Trotz des langen Wartens, das besonders den vielen alten Teilnehmern bei der brütenden Hitze (28 Grad Celsius) nicht leicht fiel, war der Kreml Besuch ein großes Erlebnis.
In nur fünf Stunden hatten wir zwei völlig verschiedene Welten erlebt: Im Bus durchquerten wir eine aus Wolkenkratzern errichtete, vom Verkehrschaos gezeichnete graue Millionenstadt, um dann im Kreml von den in Gold leuchtenden Türmen der Kirchen und den kunstvollen Verzierungen über deren Eingängen beeindruckt zu sein.
Anschließend besuchten wir die „Christus Erlöser Kathedrale", die größte Kirche Moskaus, die erst vor gut 10 Jahren wieder aufgebaut wurde. Sie war im vorigen Jahrhundert zum Gedenken an den Sieg im „Vaterländischen Krieg" 1812 und zur Ehre des russisch-orthodoxen Glaubens errichtet worden. Während unseres Besuches wurden von drei orthodoxen Geistlichen und einem Chor im Wechsel psalmähnliche Gesänge in russischer Sprache vorgetragen. Erst viel später erfuhren wir, dass dies der ökumenische Gottesdienst gewesen war, der üblicherweise bei jedem Internationalen U-Bootfahrertreffen auf dem Programm steht.
Das Abendprogramm des zweiten Tages begann mit Aufführungen von Gesangsund Tanzgruppen der Marine in der hoteleigenen Konzerthalle. Chöre und Solisten begeisterten die Teilnehmer des Treffens mit exzellenten Beiträgen. Um jede der anwesenden Nationen ganz persönlich zu begrüßen, wurden Lieder und Gesänge in der jeweiligen Landessprache vorgetragen. Da ein Teil der vorgetragenen deutschen Volkslieder uns nicht bekannt waren, mutmaßten wir, dass es sich wohl um Liedergut aus der ehemaligen DDR gehandelt haben muss. Während des anschließenden Abendessens in einer Halle des Hotels wurde die Musik immer wieder von Reden des Präsidenten unterbrochen, die wir leider mangels Übersetzer nicht verstehen konnten.
Nach gutem französischen Rotwein, ausgewählten Speisen und dem obligatorischen Wodka hatten wir gegen Mitternacht wieder unsere Bettschwere erreicht.
24. MAI 2006
Im Mittelpunkt des Tagesprogramms stand der Besuch der „Gedenkstätte zu Ehren des Großen Vaterländischen Krieges". Dieses kolossale Gebäude wurde erst vor 10 Jahren in einem ca. 20 ha großen Park erbaut. Es thematisiert die russischen Erfolge im 2. Weltkrieg und wirkte auf uns bedrückend und beängstigend. Die heroischen Taten der Sowjetarmee werden allenthalben hoch gepriesen, ohne dass irgendwo kritische Anmerkungen zum Thema Krieg zu finden wären; auch an die Toten der Gegner wird kein Gedanke verschwendet. Die Sieger werden ausnahmslos als Helden gefeiert; warum und wofür sie gekämpft haben und gestorben sind erfährt man nicht. Beeindruckt hat mich allerdings die Deckengestaltung der Ehrenhalle: An tausenden von hauchdünnen Kettchen hängen tausende von kleinen durchsichtigen Glasperlen, die die Tränen derer, die für die Millionen im Krieg umgekommenen russischen Soldaten getrauert haben, darstellen sollen.
Beim Vergleich dieses monumentalen Gebäudekomplexes mit den eher bescheidenen Ehrenmalen in Laboe und Möltenort fällt insbesondere die Art und Weise auf, wie unterschiedlich man in diesen zwei Ländern mit den Kriegen der Vergangenheit umgeht: Auf der einen (russischen) Seite die unkritische Verehrung der Helden des großen vaterländischen Krieges; auf der anderen (deutschen) Seite die Trauer um die in See gebliebenen deutschen Seeleute und deren Angehörige, aber auch das Gedenken an die vielen Toten unserer damaligen Gegner und - am wichtigsten - die Mahnung zum Frieden. Wenn man bedenkt, dass hunderte von Schulklassen dieses Museum täglich besuchen dann stellt man sich die Frage, ob dies der richtige Weg ist, um Kinder und junge Menschen zu kritischen, mitdenkenden Bürgern zu erziehen!
Anschließend besuchten wir die in dem Gebäudekomplex der Gedenkstätte untergebrachte Ausstellung "100 Jahre Russische Boote" in der alle russischen Ubootstypen dieser langen Zeit im Modell gezeigt wurden. Leider waren die Erklärungen nur in kyrillischer Schrift, sodass wir alle sehr ratlos vor den beeindruckenden Modellen standen. Es war niemand da, der uns z.B. die Nato Bezeichnungen der verschiedenen Boote hätte nennen oder Erklärungen zu den Modellen abgeben können. In der uns ausgehändigten Broschüre befand sich auf der letzten Seite eine kurze Zusammenfassung in englischer Sprache, in der unter anderen, folgender Satz zu finden ist: „Die Sowjetunion überholte alle Nationen in der Anzahl der Uboote, deren Geschwindigkeit, Tauchtiefe und Unterwasserstehzeit". Man kann dort aber auch lesen dass „33 Uboote durch Unfälle oder Katastrophen verloren gingen" und dass in der friedlichen Nachkriegszeit mehr Ubootfahrer ihr Leben verloren haben als während des Russisch - Japanischen Krieges, des 1. Weltkrieges und des Sowjetisch - Finnischen Krieges zusammen."
Am Abend wurden für Interessenten zwei Busse für Stadtrundfahrten zur Verfügung gestellt. Leider war dies nicht allen Teilnehmern des Treffens bekannt. Andererseits waren viele von dem üppigen Tagesprogramm so geschafft, dass sie auf die Teilnahme verzichteten; sie haben es später bereut.
Der Busfahrer fuhr - anders als bei den Fahrten am Tage und unter Polizeischutz - über kleinere Straßen, entlang der Moskwa und der Jausa durch des alte Moskau mit seinen prunkvollen Gebäuden und den vielen alten Kirchen. Während die Busse sich tagsüber stundenlang durch dunstige, von Hochhäusern eingerahmte breite und schmutzige Straßen gequält hatten, konnten wir jetzt den Reichtum Moskaus aus früheren Tagen mit prachtvollen Kirchen und ausgedehnten Parks bewundern. Die Tour ging auch an der Moskauer Universität vorbei, die durch ihren stalinistischen Baustil und ihre Größe beeindruckte. Man berichtete uns, dass im umbauten Innenraum unter anderem 7 große Sportplätze (Fußballfelder) zu finden seien. Vom „Moskauer Aussichtshügel" aus hatten wir einen wunderbaren Blick auf diese riesige, zum Teil im Smoke und in der Dunkelheit versinkenden Stadt. Ein kurzer Rundgang durch die GUM („Obere Handelsreihen") gab uns das Gefühl in einem Kaufhaus mit Arkaden - und mit dem gleichen Angebot und den gleichen Preisen - wie in Paris, London oder Berlin zu sein.
25. MAI 2006
Nach dem Frühstück gings mit den Bussen - natürlich wieder unter Polizeigeleit - in den „Toushino Park" zum Uboot Museum. Anlässlich unseres Besuchs wurde das Museum, vorerst bestehend aus einem außer Dienst gestellten Uboot - ich glaube es ist ein Boot der Kilo Klasse - eröffnet. Ein Marinemusikkorps sorgte für die angemessene musikalische Begleitung. Dass wir die ersten Besucher des Museums waren konnte man förmlich riechen: Das Innere roch derart penetrant nach frischer Farbe, dass viele Besucher sich beeilten, so schnell wie möglich wieder an die frische Luft zu kommen. Das Boot selbst war äußerst sauber und für russisch sprechende Besucher als Museum sehr anschaulich hergerichtet.
Die Delegationsleiter der nationalen Ubootfahrer Verbände wurden dann vom Oberbürgermeister Moskaus, Herrn Luschkow, empfangen. Bei Tee und Keksen erzählte uns der OB einiges über die Geschichte und Architektur der Stadt. Besonders interessant zu hören war, dass Moskau vielen ehemaligen Ubootfahrern - die nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen - unentgeltlich Wohnraum in Moskau zur Verfügung stellt. Herr Luschkow fand äußerst lobende Worte über die Professionalität und die Tapferkeit der russischen Ubootfahrer und versicherte, dass seine Stadt sich auch in Zukunft um die Ubootfahrer kümmern würde. Ich persönlich hatte den Eindruck, dass der Moskauer OB sich in seinem Auftreten und in seinen Ansichten viel näher bei den Oberbürgermeistern europäischer Großstädte befand als die russische Admiralität bei ihren Admiralskollegen in Westeuropa. Die Art und Weise, wie er seine Mitarbeiter zu Wort kommen ließ vermittelte den Eindruck modernen Managements, so wie wir es uns in den Rathäusern unserer Großstädte vorstellen. Bei dem anschließenden Treffen der Delegationsleiter im Hotel wurde die Abfolge der nächsten Internationalen Ubootfahrer Treffen verbindlich vereinbart: 2007 Cherbourg, Frankreich. Da im Mai 2007 in Frankreich Präsidentschaftswahlen durchgeführt werden, findet das Treffen im September statt.
- 2008 Gdinia, Polen
- 2009 USA Austragungsort noch nicht endgültig bekannt.
Ein von der israelischen Delegation gewünschter Tausch mit den USA kam nicht zustande. Der israelische Verband wird daher versuchen, die israelische Marine zu bewegen, ihr Jubiläum „50 Jahre israelische Uboote" in das Jahr 2010 zu verlegen; falls dies gelingt, wird das Treffen 2010 in Israel stattfinden. Sollte es nicht gelingen, wird der israelische Ubootfahrer Verband 2009 zum Jubiläum „50 Jahre israelische Uboote" einladen. Genauere Informationen werden wir wohl im nächsten Jahr in Cherbourg erhalten.
Am Ende des Treffens der Delegationsleiter warteten schon die Busse für die Fahrt zum „5 Seen Restaurant" wo der Abschluss des 43. Internationalen Ubootfahrer Treffens gefeiert wurde.
Anders als bei den vorangegangenen Treffen war dies kein Galaabend mit festlicher Kleidung und Tanzmusik. In einem riesigen Saal mit sehr schlechter Akustik traten dieselben Künstler auf, die uns schon zwei Tage zuvor im Theaterkomplex des Hotels ihre Darbietungen gezeigt hatten. Während des Essens - dies war sehr üppig und ebenso wohlschmeckend - wurden vom Präsidenten des russischen Verbandes, Admiral Shernavin, mehrere Gruppen von russischen Soldaten mit Orden ausgezeichnet. Da nur sehr wenige Passagen der Reden ins Englische übersetzt wurden und wegen der schon erwähnten schlechten Akustik, blieb den ausländischen Gästen viel vom Inhalt der Reden verborgen. Dieser Abend war das offizielle Ende des 43. Internationalen Ubootfahrer Treffens. Noch vor Ende des Abends mussten viele russische und auch ausländische Teilnehmer diese Schlussveranstaltung verlassen, um den Nachtzug nach Sankt Petersburg zur „inoffiziellen Fortsetzung des 43. Internationalen Ubootfahrer Treffens" zu erreichen.
ABSCHLIESSENDE GEDANKEN
ZUM 43. INTERNATIONALEN UBOOTFAHRERTREFFEN
Wie schon in Odessa und Mar del Plata waren ein Großteil der europäischen Gäste und auch der Amerikaner enttäuscht von diesem Treffen. Das persönliche Gespräch mit Kameraden und Freunden aus anderen Ländern war wegen der Programmdichte und der täglich durchschnittlich 4 bis 5 stündigen Busfahrt nur sehr eingeschränkt möglich, gerade das aber ist das wichtigste Anliegen dieser Treffen.
Die oben genannte Programmdichte und die folglich mangelnde Zeit zur freien Verfügung wurde für die älteren Teilnehmer teilweise zur Strapaze.
Der Mangel an guten Übersetzern und der für ein solches Treffen erforderlichen Organisation waren Grund dafür, dass den nicht russisch sprechenden Gästen viele Informationen vorenthalten wurden.
Der Hang zur Verherrlichung der russischen Ubootwaffe und der russischen Ubootfahrer stieß bei den Gästen aus dem Westen auf Unverständnis.
Die Tatsache, dass das nächste Treffen von unseren französischen Freunden ausgerichtet wird stimmt mich zuversichtlich. Ein persönliches Gespräch mit dem Präsidenten des französischen Ubootfahrer Verbandes, Jaque Blanc, gibt mir die Gewissheit, dass wir 2007 wieder ein Treffen nach unserem Geschmack und nach unseren Vorstellungen erleben werden.
Rupert Bischoff